„Auch der heldenhafteste Mensch, kann nicht über seine Kräfte kämpfen.“
Homer
Es sind bereits neun Kitas, die wir in Berlin eröffnet haben. Eröffnen hieß für uns jedes Mal den gesamten Weg zu gehen: von den Antragsstellungen, auf die Genehmigungen warten, dem eigentliches Aus- oder Umbau, mit allen Handwerkern, mit allen Überraschungen.
Dieses Mal kamen wir an einen Punkt, an viele Punkte, die ernsthaft die Frage aufwarfen: „Ist der der Kampf mit Behörden, mit Regeln und Bestimmungen, mit der Eigenart mancher Handwerksbetriebe noch erträglich?“ Und: „Wofür machen wir das eigentlich?“
Was wir erlebten ist Stoff genug für ein ganzes Essay.
An dieser Stelle werde ich einige Geschehnisse ansprechen und vertraue darauf, dass deren Auswahl ausreichend aufzeigt, was sie mit uns gemacht haben.
Das Kitaprojekt, um das es geht, kann man hier näher kennenlernen: „Kita Neueröffnung in Berlin Lichterfelde“.
Es ist ein wunderbarer Ort für Kinder, mit großen Räume und einer großzügigen Außenanlage.
Gut, dass es staatliche Förderung für Kitas gibt. Ein Eigenanteil bleibt dennoch.
Das bedeutet für, dass, das in der Zeit, bis die Entscheidung, ob gefördert wird oder nicht, Miete gezahlt werden muss. Das schließt auch alle baulichen Verzögerungen bis hin zur Baugenehmigung mit ein.
Diesmal gab es Verzögerungen, die kaum vorstellbar waren. Ein Teil der Verzögerungen entstanden durch Auflagen, die uns emotional und finanziell überforderten und insgesamt eine extreme Herausforderung waren.
Erst nach Baubeginn wurden wir davon unterrichtet, dass wir die Gebäude-Fundamente verstärken müssen.
Weiter mussten wir einen Geologen beauftragen ein Bodengutachten zu erstellen, das wir selbst zu bezahlen hatten. Wir mussten eine Brandschutzordnung verfassen und einen Prüfer dafür bestellten. Ebenso brauchten wir Landschaftsplaner und Landschaftsgestalter. Mittlerweile wurde ein Planungsbüro unumgänglich, um mit all den unerwarteten Auflagen umzugehen.
Wie gesagt, es ist die neunte Kita, die wir (aus)bauen.
Die Ämter kommunizierten zu oft unter sich, nicht aber mit uns. Es gab zu wenig Kooperation, für uns, einen freien Träger, dessen Kompetenzen bekanntermaßen in einem ganz anderen Bereich liegen. Dafür hätten wir eindeutig wesentlich mehr Unterstützung gebraucht, als Hindernisse in den Weg gelegt zu bekommen. Was ich damit meine?
Dass die Baufirmen so nachlässig arbeiteten, dass eine erste Bauabnahme durch Behördenvertreter verweigert wurde ist an sich schon schmerzlich.
Zum 2. Termin fand die zur Eröffnung notwendige Abnahme auch nicht statt. Denn plötzlich wurde von uns ein Bodengutachten für die Außenanlage gefordert. Wir suchten uns einen Gutachter und bezahlten ihn. Sein Gutachten wurde aber nicht anerkannt! Ohne uns vorher zu sagen, welchen Gutachter wir nehmen müssten!
Also noch eine Gutachterprüfung. Es gab keine Bodenkontamination! Auf welcher Grundlage das Umweltamt uns das unterstellte, blieb unbekannt?
Das ging noch weiter so.
Es gab eine anonyme Anzeige gegen uns, wir hätten Bäume bei den Arbeiten verletzt.
Das war aber nicht der Fall, was wir leicht nachweisen konnten. Das Umweltamt blieb bei seiner Behauptung, wir hätten eine Rosskastanie beschädigt und die Auswirkungen würden sich in ein paar Jahren zeigen. Unsere gesamte Eröffnung war wieder von einem Gutachten abhängig. Ich möchte sagen: erzwungen, denn es drohte uns, das Gutachten auf unsere Kosten selbst durchzuführen. Weitere 3.500 Euro wurden für uns fällig. Unsere Beteuerung, dass wir den Baum nicht beschädigten, wurde von dem Gutachten bestätigt! Der Gutachter gab lediglich eine Empfehlung, die Krone in den nächsten Jahren zu beschneiden. Das Amt machte daraus eine weitere, für uns kostenfordernde, Sofort-Auflage.
Und wieso kommen diese Dinge erst jetzt auf, in der Schlussphase? Kurz vor der lange geplanten Eröffnung.
Es wurden uns Verstöße aufgelistet, die es nicht gab. Eine direkte Klärung durch Kommunikation war nicht möglich.
All das erzeugte eine riesige Unsicherheit. War es noch möglich mit all dem und der oft überraschenden Bausituation umzugehen?
Der Druck der Eltern war groß.
Der Stress, der körperlich spürbar war auch.
War es vielleicht besser das Ganze aufzugeben?
Ein Baum, etwas Boden gegen eine Kita?
Wie absurd das alles geworden war.
Als wäre das nicht schon mehr als genug, erhielten wir noch den Vorwurf mit unseren Pflastersteinen zu viel Boden versiegelt zu haben. Dieser Vorwurf samt kostspieliger Auflage zur Entsiegelung war wirklich ein Höhepunkt von Bürgerferne, Ignoranz und unglaublicher Gesprächsresistenz. Der Vorwurf, der eigentlich eine Behauptung war, wurde von Seiten des Bauamtes komplett ungeprüft aufgestellt und die Verweigerung der Bauabnahme sinnfrei angedroht. Was wirklich geschah war, dass wir für unsere Zwecke, den jahrelangen und alten Bestand der Pflasterung verringerten und damit sogar Flächen frei legten.
Mir zeigt das auf traurige Weise, das die entsprechen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter sich zu keinem Zeitpunkt ein eigenes Bild machten, um ihre offensichtliche Unkenntnis über die wahre Bausituation zu ändern. Von Unterstützung war nichts zu spüren.
Das war bei unserer ersten Kita vollkommen anders.
Ich frage mich, für wen arbeitet dieses Amt?
Wir wollten eine Kita eröffnen.
Nichteröffnen heißt Menschen entlassen, mit denen wir arbeiten wollten. Eltern blieben im Ungewissen.
Hinzu kommt, dass Fachkräfte in Berlin rar sind. In anderen Bundesländern können auch Kindheitspädagoginnen und –pädagogen eingestellt werden. Das ist eine wertvolle Ausbildung auch für die Kita, aber nicht in Berlin.
Der klangvolle Name der Senatsverwaltung für „Bildung, Jugend und Familie“, hatte seinen Klang verloren. Mir ist bis heute unverständlich, warum wir nicht zusammen arbeiteten und mehr Drohungen als Unterstützung erhielten.
Ich sprach mit Veronica, der Leiterin der Kita. Sie sagte mir, dass sie sich während der Zeit oft körperlich sehr kaputt fühlte und oft weinte.
Über den wunderbaren Standort der Kita sagte sie vor Beginn der Arbeiten: „Ich spüre, was hier entstehen kann. Ein Ort an dem Kinder gesund sein können, träumen und frei spielen können.“
Einen aufrichtigen und herzlichen Dank an alle, die das schließlich doch möglich gemacht haben!